Das Studierendenparlament möge beschließen
Das Studierendenparlament fordert das Präsidium der Freien Universität Berlin dazu auf, bis zum Ende des Jahres 2024 eine Campus Climate Survey durchzuführen, um wissenschaftliche Daten über das Campusklima, beziehungsweise die Stimmung unter den Mitgliedern der Hochschule zu erheben. Auf Grundlage dieser Daten soll sowohl die Diversität gefördert, als auch Konfliktpotentiale identifiziert und Lösungsansätze gefunden werden, um vulnerable Gruppen an der Universität besser zu schützen.
Das Studierendenparlament weist den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) an, diese Forderung dem Präsidium der Freien Universität innerhalb einer Woche nach Beschluss dieses Antrags schriftlich, sowie bei dem nächsten Treffen mit Mitgliedern des Präsidiums persönlich mitzuteilen und sie in allen dafür relevanten Gremien der Universität, sowie in der Öffentlichkeit zu vertreten. Das Studierendenparlament weist den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) an, die Studierenden innerhalb einer Woche nach Beschluss dieses Antrags über diese Forderung zu informieren. Dies soll in Form eines Artikels in der Rubrik „Aktuelles“ auf der Website des AStA sowie eines Beitrags auf dem Instagram-Seite des AStA erfolgen.
Begründung
Seit Monaten rumort es auf dem Campus. Jüdische Studierende beklagen, dass sie sich auf dem Campus nicht mehr sicher fühlen – trauriger Höhepunkt war bislang, dass ein Student von einem Kommilitonen aufgrund seiner jüdischen Identität krankenhausreif geprügelt wurde. Gleichzeitig beklagen palästinensische Studierende, dass ihre Situation nicht ernst genommen wird, weshalb sie mit zunehmend extremen Methoden versuchen, sich Gehör zu verschaffen. So kommt es, dass Demonstrationen sowie Hörsaal- und Campusbesetzungen durch Studierende an den Berliner Unis mittlerweile zum Alltag gehören zu scheinen, während denen Symbole terroristischer Vereinigungen nicht nur an die Wände geschmiert, sondern auch verwendet werden, um Kommilitoninnen als Feinde und Ziele für Angriffen zu markieren. Währenddessen erhalten Professorinnen Warnungen, in denen steht, was zu tun wäre, sollte ihr Institut besetzt werden: Das Notwendigste zusammensuchen und schnellstmöglich das Gebäude verlassen. Räumungen dieser Versammlungen enden selten friedlich – war Polizeigewalt an Studierenden noch vor einigen Monaten undenkbar, so werden heute regelmäßig Bilder davon in Sozialen Netzwerken verbreitet, darunter auch Aufnahmen vom Campus der FU Berlin.
Aufgrund dieser Entwicklungen rücken die anderen Ungleichheitsdimensionen und Konflikte wie die Gleichstellung der Geschlechter und soziale Gerechtigkeit in den Hintergrund. Mit einer Campus Climate Survey könnte die FU Berlin zum Beispiel Erkenntnisse über die Lage der im akademischen System oftmals marginalisierten Gruppen wie etwa Frauen* und Akademikerinnen aus der ersten Generation gewinnen und auf dieser Grundlage gezielte Fördermaßnahmen entwickeln. Wie kann der Anteil der Arbeiterinnenkinder erhöht und Bildungsgerechtigkeit hergestellt werden? Welche Probleme haben Frauen* an der FU und wo können sie gefördert werden, um eine vollständige Gleichstellung zu erreichen? Wie kann die Lage von Studierenden mit Migrationshintergrund verbessert werden? Welche Potentiale bleiben bislang ungenutzt?
Die Lage an der FU Berlin scheint also mehr als angespannt zu sein. Wissenschaftliche Erkenntnisse, die über diese gefühlte Empirie hinausgehen und dabei helfen könnten, diese polarisierte Lage aufzulösen und marginalisierte Gruppen gezielt zu fördern, sind aber Mangelware. Eine Campus Climate Survey ist daher dringender denn je. Mit einer solchen Evaluation des Campusklimas könnte die Universitätsleitung Erkenntnisse über mögliche Lösungsansätze generieren und identifizieren, was sich die breite Mehrheit der Studierendenschaft wünscht, um sich auf dem Campus sicherer zu fühlen, sowohl im Alltag, in den Lehrveranstaltungen als auch bei politischem Engagement und Meinungsäußerung. Auf dieser Grundlage könnten die richtigen Schlüsse gezogen werden, um die Polarisierung zwischen den scheinbar unvereinbaren Seiten, die jeweils grundsätzlich berechtigte Anliegen haben, zu überwinden und einen neuen Zusammenhalt unter den Studierenden und auch zwischen den verschiedenen Statusgruppen an der Universität zu ermöglichen. Statt die gegenwärtige Konfrontation durch konzeptloses Handeln immer weiter zu verschärfen, sollte die Universitätsleitung der Studierendenschaft zu einem Miteinander verhelfen. Aufgabe der Universitätsleitung muss es sein, ein einladendes, produktives und inklusives Campusklima zu schaffen, damit der Forschungsbetrieb gewährleistet werden kann und der wissenschaftliche Nachwuchs eine exzellente Ausbildung erfährt. Eine Campus Climate Study würde das Erreichen dieses Ziels sehr viel wahrscheinlicher machen.